Im Oktober vergangenen Jahres besuchte ich eine interessante Veranstaltung des Zukunftsforum in der IHK Bielefeld. Organisiert wird diese Vortragsreihe vom deutschen F.A.Z.-Institut aus Frankfurt, einer Tochtergesellschaft der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Am Beispiel verschiedener Unternehmen werden aktuelle Projekte rund um das Thema „Innovation“ besprochen. Ziel ist es, einen praxisnahen Wissenstransfer verschiedener ‚Vorzeigeprojekte’ zu realisieren. Der Vortrag zum Thema „Fachkräftesicherung im Mittelstand“ wurde gemeinsam mit dem RKW Kompetenzzentrum organisiert. Die gemeinnützige Forschungs- und Entwicklungseinrichtung untersucht, wie sich mittelständische Unternehmen aus Deutschland im internationalen Wettbewerb behaupten können.
Auch immer mehr traditionelle Handwerksbetriebe spüren es: es fehlt an geeigneten Nachwuchskräften. Die Fachkräftesicherung, also die Gewinnung und Entwicklung von Mitarbeitern, wird damit auch für kleine und mittelständische Unternehmen zum zentralen Anliegen. Wo namhafte Konzerne in der Regel mit einem höheren Bekanntheits- grad punkten, müssen sich die „Kleineren“ um so mehr bemühen, wenn sie die gesuchten Köpfe und Talente für ihren Betrieb gewinnen wollen. Weitere Aspekte wie der Standort des Unternehmens stellen mitunter ein zusätzliches Hindernis für die langfristige Fachkräftesicherung dar. Dabei sind viele Regionen besser als ihr Ruf: Ostwestfalen gehört sogar zu den dynamischsten Wirtschaftsregionen Europas – wer hätte das gedacht?
Als Vortragsredner war unter anderem Markus Dornseif, Geschäftsführer und Firmengründer von Dornseif Winterdienst, eingeladen. Dieser Unternehmer zeigt, wie man auch mit einem dienstleistungs-intensiven Saisongeschäft auf Dauer erfolgreich sein kann. Dabei entstand sein Geschäftsmodell aus der Not heraus: im Jahr 2001 gründete der damals arbeitslose Markus Dornseif gemeinsam mit seiner Frau Kirsten die Firma Dornseif in Münster. Das Winterdienst-Unternehmen beschäftigt mittlerweile 40 Mitarbeiter. Doch worauf basiert sein beeindruckendes Erfolgskonzept? Seinen Worten zufolge ist es ganz einfach: auf der Motivation seiner Mitarbeiter. Das Ungewöhnliche dabei: jeder Angestellte kann sich seine Arbeitszeiten und Pausen so einteilen, wie es sein Arbeitsfeld zulässt. Er erhält somit einen Vertrauensvorschuss. Zudem herrscht in der Firma eine ausgeprägte Lobkultur. Jedem Einzelnen, der sich für die Firma einsetzt, wird aufrichtige Wertschätzung und Anerkennung entgegengebracht. Dies ist meines Erachtens nicht gegen Geld aufzuwiegen und macht den unternehmerischen Erfolg nachvollziehbar.
Des Weiteren steht für Markus Dornseif die Vereinbarung von Beruf und individueller Lebenslage an oberster Stelle: wer einen (plötzlichen) Pflegefall in der Familie hat, kann „Schnupper-Teilzeit“ beantragen und sich so intensiver um seinen Angehörigen kümmern. Innovativ ist auch der sogenannte „Home-Office-Koffer“, welcher seinem Nutzer alles bietet, was ein mobiles Büro verlangt: Notebook mit (externer) Tastatur und Maus, Locher, ein Handy sowie ein UMTS-Stick inkl. UMTS-Karte und einen USB-Stick und noch vieles mehr.
Auch ein mehrmonatiger Sonderurlaub (Sabbatical) ist auf Wunsch möglich. Hinzu kommen monetäre Anreize, welche die Gleichbehandlung aller Mitarbeiter widerspiegeln: so erhält jeder alljährlich dieselbe Weihnachtsprämie, egal, wie hoch sein monatlicher Gehaltscheck ausfällt. So haben Mitarbeiter mit einem geringeren Grundeinkommen ein höheres Weihnachtsgeld – und alle Mitarbeiter mit potentiell höherem Weihnachtsgeld wurden im Vorfeld gefragt, ob sie hinter diesem Konzept stehen.
Im vergangenen Jahr erhielt Markus Dornseif für seine „außergewöhnliche Personalarbeit“ die Auszeichnung „TOP JOB“ und wurde damit zum „Arbeitgeber des Jahres“ in der Größenklasse A (bis 100 Mitarbeiter) gewählt.
Hier geht es zum 2. Teil meines Beitrages zum Thema Fachkräftesicherung im Mittelstand.